B. Schneidmüller u.a. (Hrsg.): Ordnungskonfigurationen

Cover
Titel
Ordnungskonfigurationen im hohen Mittelalter.


Herausgeber
Schneidmüller, Bernd; Stefan Weinfurter
Reihe
Vorträge und Forschungen 64
Erschienen
Ostfildern 2006: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
444 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Eberl Immo

Der vorliegende Band geht auf die Reichenautagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte vom Herbst 2003 zurück. Mit dem Thema der Tagung des Bandes wurde ein «Forschungsdesign» in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht, das bewusst offen gehalten wurde. Es wurde davon ausgegangen, dass im 12./13. Jahrhundert umfassende und tiefgreifende Veränderungen im Bereich und Umsetzen gesellschaftlicher Lebens- und Ordensentwürfe erkennbar wurden. Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter «Ordnungskonfigurationen. Die Erprobung des ‘Forschungsdesigns’» führen in den neuen Begriff ein, der die Wechselbeziehungen von Wertevorstellungen und politischen und sozialen Ordnungsfiguren spiegelt. Daher befinden sich Ordnungskonfigurationen in einem ständigen Entwicklungsprozess. Die Beiträge des Bandes wenden sich den einzelnen Problemstellungen des Ordnungsbegriffes zu.

Georg Wieland stellt die «Ordnung des Kosmos und die Unordnung der Welt» gegenüber, während Joachim Ehlers «Die Ordnung der Geschichte» und Knut Görich «Ehre als Ordnungsfaktor» in der Anerkennung und Stabilisierung von Herrschaft unter Friedrich Barbarossa und Friedrich II. darstellen. Insbesondere bei den staufischen Herrschern wird deutlich, wie sie durch die Ehre gezwungen wurden, ihren politischen Weg in bestimmte, gewissermassen vorgezeichnete Richtung zu gehen. Klaus van Eickels verfolgt «tradierte Konzepte in neuen Ordnungen » in den personale Bindungen im 12. und 13. Jahrhundert, wobei u.a. Ehe, Freundschaft und Lebensbeziehungen erörtert werden. Dabei werden die modernen, zeitgenössischen Vorstellungen «Christus als Freund» und «Ehe als Partnerschaft» – entstanden vor mehr als acht Jahrhunderten aus der sozialen Erfahrung der hochmittelalterlichen Adelsgesellschaft – vorgeführt. Ihre Bedeutungen damals wie heute lassen sich jedoch nur im Kontext der Ordnungskonfigurationen verstehen, in die sie eingebunden waren. Jürgen Miethke stellt die «Kirchenstruktur und Staatstheorien im Zeitalter der Scholastik» vor, während Alfred Haverkamp «Bruderschaften und Gemeinden im 12. und 13. Jahrhundert» untersucht. Christina Lutter wendet sich mit «Geschlecht und Wissen» den Ordnungskategorien in religiösen Reformbewegungen des 12. Jahrhunderts zu und diskutiert die vita apostolica als Nachfolge Christi. Das Doppelkloster Admont wird dabei von ihr als Beispiel herangezogen. Nach ihr hat die wachsende Institutionalisierung der Ordensverbände neue Konfigurationen mit neuen Kräfteverhältnissen geschaffen, die weiter hinterfragt werden müssen. Bernhard Jussen leitet mit seinem Beitrag «Ordo zwischen Ideengeschichte und Lexikometrie» Vorarbeiten an einem Hilfsmittel mediävistischer Begriffsgeschichte. Hagen Keller wendet sich nach den mehr programmatisch-theoretischen Beiträgen mit «Ordnungsvorstellungen, Erfahrungshorizonte und Welterfassung im kulturellen Wandel des 12./13. Jahrhunderts» dem geistigen und kulturellen Wandel um 1200 zu. Peter Kurmann stellt die Frage «Die gotische Kathedrale – Ordnungskonfiguration par excellence?» Er stellt abschliessend fest, dass es ein an philosophisch-theologischen Traktaten oder aus enzyklopädischen Vorgaben entwickeltes Ordnungsprinzip für die Gestaltung der Bildzyklen an gotischen Kathedralen ebenso wenig gegeben hat, wie einen direkten Einfluss der architektonischen Gestaltungskonzepte durch scholastische Denkmuster. Christoph H. F. Meyers Beitrag «Ordnung durch Ordnen» zieht die Erfassung und Gestaltung des hochmittelalterlichen Kirchenrechts mit Texten, Begriffen und Institutionen heran. Er gelangt dabei zu keinem allgemeinen Ergebnis aller untersuchten Aktivitäten. Die hochmittelalterlichen Kanonisten haben praktische Fragen des Sollens und Seins behandelt und nicht die Welt insgesamt gedeutet.

Martin Kintzinger fasst die Ergebnisse von Tagung und Band zusammen. Obwohl die Diskussion vorangeschritten ist, sieht er noch viele Möglichkeiten und Notwendigkeiten für weitere Abklärungen. Dabei verweist er darauf, dass der Begriff «Ordnung» im neuesten Lexikon zu den Geschichtswissenschaften nicht erscheint, während im Mittelalterlexikon aller Länder und Sprachen der Begriff «Ordo/Ordines» Beiträge besitzt. Der experimentfreudige Band weist auf die philosophisch-soziologisch-theoretische Nachvollziehung von geistigen Entwicklungen im Mittelalter hin, die auch Wandlungen im Fach der Gegenwart aufzeigen, die dieses hoffentlich nicht in ähnlicher Weise verändern, wie es die Volkswirtschaftslehre vor einigen Jahrzehnten zu ihrem Nachteil durch die Mathematisierung erfahren hat.

Zitierweise:
Immo Eberl: Rezension zu: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hg.): Ordnungskonfigurationen im hohen Mittelalter (Vorträge und Forschungen, Band 64). Ostfildern, Jan Thorbecke Verlag, 2006. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 58 Nr. 3, 2008, 200 S. 361-362.

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 58 Nr. 3, 2008, 200 S. 361-362.

Weitere Informationen
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit